Kommunikation, Empathie und Flexibilität haben wir in unserem ersten Artikel aus unserer Serie „Leadership 2023“ als zentrale Führungskompetenzen beschrieben. Noch mehr Persönlichkeit zu entwickeln (die eigene und die anderer Menschen) und Verbindungen zu schaffen gehört zu den zentralen Erfolgsfaktoren in einer postpandemischen VUCA-Welt.
Coaching ist ein Tool, das dazu beiträgt, besser und empathischer zu kommunizieren und die Verbindung zwischen Menschen zu verbessern.
Coaching als Führungsinstrument hat in den letzten Jahren stark an Bedeutung gewonnen. Immer mehr Führungskräfte setzen Coaching-Tools und -Methoden ein, um ihre Mitarbeiter zu entwickeln und zu fördern. In diesem Artikel werden wir uns mit den Vor- und Nachteilen von Coaching als Führungsinstrument auseinandersetzen und aufzeigen, wie eine Coaching-Kultur in einem Unternehmen geschaffen werden kann.
Nur dadurch, dass Führungskräfte sehen und erfahren, wie Coaching am eigenen Leib funktioniert, können sie ein entsprechendes Mindset entwickeln. Und das Mindset kommt immer an erster Stelle.
Vorteile von Coaching als Führungsinstrument
Ganz generell wissen wir heute, dass ein coachingorientierter, partizipativer Führungsstil besser zu den Anforderungen einer VUCA-Welt passt als andere Führungsstile. Wir werfen also einen kurzen Blick auf die grundsätzlichen Vorteile eines Coaching-Mindset und -Toolset in der Führung:
1. Individuelle Entwicklung: Coaching ermöglicht es Euch als Führungskräften, Mitarbeiter individuell zu fördern und zu entwickeln. Jeder Mitarbeiter hat naturgemäß unterschiedliche Stärken und Schwächen, die es in unterschiedlichen Situationen zu berücksichtigen gilt. Das ist nicht neu. Situative Führung wird daher ergänzt durch persönlichkeitsorientierte Führung. Durch Coaching kann die Führungskraft gezielte Unterstützung anbieten, um den Mitarbeiter bei seiner individuellen Entwicklung zu unterstützen. Die Tatsache, dass ein coachingorientierter Führungsstil sehr stark auf Eigenverantwortung und WOLLEN statt MÜSSEN aufbaut, sind Entwicklungen nachhaltiger und wirksamer, wenn das Entwicklungs-Potential vom Mitarbeiter selber erkannt und die erarbeiteten Maßnahmen motiviert und engagiert umgesetzt werden.
2. Mitarbeitermotivation: Das hat unmittelbaren Einfluss auf die intrinsische Motivation. Coaching kann dazu beitragen, die Motivation der Mitarbeiter ganz generell zu steigern. Durch die individuelle Förderung fühlen sich Mitarbeiter mehr wertgeschätzt und entwickeln ein höheres Engagement für ihre Arbeit. Das Stichwort: aus Eigenverantwortung wird Selbstwirksamkeit. Menschen, die erkennen, dass sie persönlich die Kraft, die Energie, die Skills und die Kreativität besitzen, Veränderungen erfolgreich herbeizuführen, fühlen sich selbstwirksamer (ein fundamentales Bestreben der menschlichen Spezies). Daraus entsteht Motivation und Performance. Denn die gewonnenen Selbst-Erkenntnisse werden auch auf weitere Bereiche übertragen und sorgen so für motivatorische Synergie-Effekte.
3. Bessere Ergebnisse: Und daraus entstehen: Resultate. Bessere Resultate. Wenn Mitarbeiter individuell gefördert werden, können sie ihre Fähigkeiten und Kompetenzen besser und wirkungsvoller einsetzen. Dies führt zu besseren Ergebnissen und einer höheren Leistungsfähigkeit des Teams. Denn hier gilt: Motivation ist ansteckend (Demotivation am Rande erwähnt auch). Wir sprechen hier sogar von einer kritischen Masse: wenn eine bestimmte Anzahl der Mitarbeiter im Team motiviert ist, wirkt die Gruppendynamik. Das restliche Team kann sich der Motivation kaum entziehen (das ist übrigens sogar mit Tools wie der Talente- und Motivations-Analyse mess- und beweisbar).
4. Effektive Problemlösung: Coaching hilft Führungskräften und Mitarbeitern, Probleme effektiv zu lösen. Durch gezielte Fragen und Methoden können Führungskräfte und Mitarbeiter gemeinsam Lösungen erarbeiten. Und der Mitarbeiter entwickelt Skill und Will, seine späteren Probleme eigenständig zu lösen. Der große Vorteil für die Führungskraft: eine bessere persönliche Life-Balance und ein viel besserer Boden für Delegation. Wenn das nicht eine großartige Perspektive für Mitarbeiter und Führungskräfte gleichermaßen ist.
Nachteile von Coaching als Führungsinstrument
Natürlich ist bei aller Euphorie auch ein kritischer Blick auf Coaching-Tools und -Mind erlaubt. Denn Führungskräfte sind keine neutralen Berater. Es gibt immer eine Agenda. Sie können also niemals den Kernwert eines externen Coaches liefern: Neutralität.
1. Mangelnde Neutralität: Führungskräfte sind als „Coaches“ nie neutral. Das darf in diesem Kontext auch keine Grundvoraussetzung sein. Beide Seiten müssen sich über diese fehlende Neutralität im Klaren sein. Nur dann kann es einen vertrauensvollen Prozess zwischen Führungskraft und Mitarbeiter geben. „Psychological Safety“ ist das Stichwort. Wenn Mitarbeiter sich sicher fühlen, Fehler machen zu dürfen, Schwächen thematisieren zu können, auch dem Chef konstruktives Feedback geben zu können, dann ist die Grundlage geschaffen.
2. Zeitintensiv: Coaching erfordert viel Zeit und Aufwand von Führungskräften und Mitarbeitern gleichermaßen. Wenn Führungskräfte eine große Führungsspanne haben, kann dies zu einer echte Herausforderung werden. Daher sollte man die Zeit, die ins Coaching fließt, als Investment verstehen und nicht als Konsum. Und mit den richtigen Tools arbeiten, um die Coaching-Effizienz zu steigern.
3. Kostenintensiv: Coaching kann kostenintensiv sein. Wir sprechen hier nicht nur von der eigentlichen Zeit, die für Gespräche verwendet wird. Auch Führungskräfte sollten Coaching fundiert lernen und im geschützten Rahmen üben.
4. Persönliche Präferenzen: Es kann vorkommen, dass Mitarbeiter kein Interesse an Coaching haben. Das führt u.U. zu Diskrepanzen und gefühlten Ungerechtigkeiten und dem oder nicht von allen Führungskräften gleich behandelt werden, was zu Unzufriedenheit führen kann.
Schaffung einer Coaching-Kultur
Um Coaching als Führungsinstrument effektiv einzusetzen und die potentiellen Nachteile zu vermeiden, ist es wichtig, eine Coaching-Kultur im Unternehmen zu etablieren. Hier sind einige Schritte, die Führungskräfte in diese Richtung unternehmen können:
1. Unterstützung der Unternehmenskultur: Eine Coaching-Kultur muss von der Unternehmensführung unterstützt werden. Dabei geht es um die Schaffung einer offenen und vertrauensvollen Kultur, in der Mitarbeiter sich sicher fühlen, ihre Schwächen offen zulegen und um Unterstützung bitten können. Diese Kultur der „Psychological Safety“ ist in vielen Unternehmen der schwierigste Weg. Aber es lohnt sich. Coaching ist dabei Mittel und Ziel gleichermaßen.
2. Schulungen für Führungskräfte: Führungskräfte müssen geschult werden, um Coaching-Tools und -Methoden effektiv einsetzen zu können. Dies beinhaltet auch die Fähigkeit, individuelle Bedürfnisse und Präferenzen der Mitarbeiter zu erkennen und darauf einzugehen. Das erfordert Erfahrung und Training im geschützten Rahmen. Dazu gehört auch Selbsterfahrung. Nur dadurch, dass Führungskräfte sehen und erfahren, wie Coaching am eigenen Leib funktioniert, können sie ein entsprechendes Mindset entwickeln. Und das Mindset kommt immer an erster Stelle.
3. Feedbackkultur fördern: Feedback ist ein elementarer Bestandteil des Coaching-Prozesses aus der Führungssicht. Auch im externen Coaching ist Feedback ein wichtiges Element aber weniger zentral als im Coaching durch den direkten Vorgesetzten oder den Projektverantwortlichen. Eine Feedbackkultur, in der regelmäßig konstruktive Rückmeldungen gegeben werden, fördert die individuelle Entwicklung und unterstützt die Umsetzung von Veränderungen. Allerdings darf nicht vergessen werden, auch das Feedback-Nehmen zu üben und trainieren, da in Feedback-Prozessen meist der Schwerpunkt auf dem Geben von Feedback liegt. Denn auch beim Feedback-Nehmen gilt ein ganz spezifischer Mindset als Grundvoraussetzung für die konstruktive Umsetzung des Feedbacks. Ich habe das in meinem Buch „Der Feedback-Code“ schon vor Jahren methodisch aufgearbeitet. Immer wieder eine Empfehlung ;-).
4. Integration von Coaching in die Personalentwicklung: Coaching sollte konsequent als Teil der Personalentwicklung in einem Unternehmen integriert werden. Dies kann durch die Erstellung von individuellen Entwicklungsplänen geschehen, die auf die Bedürfnisse und Ziele des Mitarbeiters zugeschnitten sind und die einerseits aus Coaching-Prozessen entstehen aber in weitere Folge auch die Grundlage von Führungskräfte-Coachings sein können. Aber auch im internen Trainingsbereich sollten Kapazitäten und Kompetenzen vorhanden sein, sowohl Führungskräfte als auch Mitarbeiter bei der Umsetzung einer Coaching-Kultur zu unterstützen.
5. Kontinuierliche Evaluation: Eine Coaching-Kultur erfordert kontinuierliche Evaluation und Anpassung. Führungskräfte müssen regelmäßig den Erfolg ihrer Coaching-Maßnahmen überprüfen und gegebenenfalls Anpassungen vornehmen. Sei es im Sinne des Stils oder durch eine Erweiterung ihres Repertoires und Tool-Kits. Hier helfen Tools wie Persönlichkeits-Profile, die entwicklungsorientiert arbeiten können und Messbarkeit und Evaluation zulassen. Auch 360-Grad-Feedbacks, die auch auf kleinteiliger, individueller Ebene vom Mitarbeiter oder der Führungskraft selbst angestoßen werden, gehören zu diesem Repertoire. Für firmeninterne Coaches und Führungskräfte, die coachen, sollte auch immer ein Supervisions-System zur Verfügung stehen (wie es professionelle, externe Coaches regelmäßig nutzen).
Fazit
Coaching kann ein wertvolles Führungsinstrument sein, das dazu beitragen kann, Mitarbeiter individuell zu fördern, ihre Motivation zu steigern und bessere Ergebnisse zu erzielen. Eine erfolgreiche Coaching-Kultur erfordert jedoch die Unterstützung der Unternehmensführung, Schulungen für Führungskräfte, eine Feedbackkultur, die Integration von Coaching in die Personalentwicklung und kontinuierliche Evaluation. Wenn Coaching effektiv eingesetzt wird, kann es dazu beitragen, dass Mitarbeiter ihr volles Potenzial ausschöpfen und zum Erfolg des Unternehmens beitragen.
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