Das Johari Fenster ist so einer unserer guten alten Recycling-Kommunikations-Klassiker. Unsere Generation Z-Vertreter (wie meine 18 jährige Tochter) stoßen bei unterschiedlichen Gelegenheiten immer wieder drauf und freuen sich – zurecht – über die tollen, neuen, „fundamentalen“ Erkenntnisse, die sie daraus gewinnen. Ich freu mich auch. Denn oft müssen wir das Rad nicht neu erfinden, sondern alten Dingen die Gelegenheit geben, aus einem neuen Licht, im Rahmen von neuen Situationen und mit den Augen einer neuen Generation betrachtet zu werden.
Ich ziehe nochmal die Gen.-Z heran: ich war fasziniert, als mein 16 Jähriger zu seinem Geburtstag unbedingt einen Plattenspieler wollte. Also so einen „richtigen“ mit Vinylplatten. Hatte ich unsere Jugendtechnologie heute bestenfalls noch im Bereich der absoluten Insider mit sündhaft teuren Luxus-Drehtellern gewähnt, scheint die Faszination der schwarzen, glänzenden Platten wieder im Gen.-Z mainstream angekommen zu sein. Ich finde das ganz toll.
Zurück zur Vinylplatte der Kommunikation: das Johari-Fenster wurde 1955 von Josef Luft und Harry Ingram entwickelt (daher Jo Har I). Es zeigt schlicht auf, wie es sich mit dem „Blinden Fleck“ unserer Persönlichkeit verhält. Dabei soll es uns vor allem Selbstbild und Fremdbild (also die Sicht von anderen Menschen auf unser eigenes Verhalten in Gruppen wie Teams, Familien, Kollegen, Communities usw.) abgleichen.
Wie in meiner kleinen Zeichnung aus Tag 6 von 24 Tage 24 Minuten ersichtlich, wird dabei mit einer fensterähnlichen Matrix gearbeitet, die mit den Achsen „MIR (über mich) bekannt/unbekannt“ und „ANDEREN (über mich) bekannt/unbekannt“ aufwartet.
Flott zu den daraus entstehenden Quadranten:
„Bühne“: allen bekannt. Nichts ist verborgen, alles offen, ich kenne mich aus, die Anderen auch. Bedeutet daher: Selbstbild = Fremdbild. Die anderen nehmen mich und mein Verhalten so wahr, wie ich das selbst auch tue.
„My secret“: diese Ecke ist nun ausschließlich mir bekannt, den Anderen nicht. Das können kleine persönliche Geheimnisse sein. Es sind aber oft Bedenken, Sorgen, Ängste, die anderen an mir nicht auffallen. Die ich auch nicht an die große Glocke hänge. Die aber sehr wohl wichtig sind im Rahmen meiner persönlichen Entwicklung. Denn sie blockieren und schwächen meine Performance oder bremsen meine Aktivitäten.
„Blindspot“: der spannendste Quadrant, weil hier die „low hanging froots“ wachsen. Hier können wir mit ein wenig Bereitschaft und einem guten Feedbackgeber schnell die besten Resultate erzielen wenn es um persönliche Veränderung geht. Klar, alles ist subjektiv und „in Wirklichkeit ist die Wirklichkeit nicht wirklich wirklich“ (frei nach Paul Watzlawick). Aber ein guter Beobachter gepaart mit meiner Offenheit und der Bereitschaft, meinem inneren Schweinehund ins Auge zu blicken, bringt in dieser Ecke die besten und schnellsten Resultate. Wir müssen nicht so tief graben und Andere können uns beim Schaufeln unterstützen. Wir nennen das den Top-Quadranten der Persönlichkeitsentwicklungweil Effizienz und Effektivität sich hier treffen.
„Unknown“: dieses Eck ist niemandem bekannt. Außer vielleicht meinem Therapeuten oder meiner Frau. Denn die weiß alles. Aber hier liegen das WARUM unseres Verhaltens. Die unbewussten Muster, Werte, Überzeugungen Normen. Oder noch tiefer: die wahren Gründe dafür. Hier sind genetische Anlagen versteckt, aber auch Kindheitserfahrungen oder Traumata. Prägungen, die wir nicht kennen oder Muster, die wir erfolgreich verdrängt haben, stecken in diesem Quadranten. Es liegt in der Natur der Sache, dass die ziemlich schwierig zu bearbeiten sind, denn das, was uns und andere möglicherweise stört, ist ja nur unsere „Bühne“ also unser Verhalten, das aus den unbekannten Tiefen unserer Persönlichkeit resultiert.
Und jetzt haben wir uns das Experiment erlaubt, das Fenster etwas zu kippen. Ein klein wenig um die eigene Achse im Uhrzeigersinn. Und schon wird aus unserer Matrix ein Eisberg. Der macht uns schnell klar, dass unser Verhalten – unsere Bühne – über der Wasseroberfläche allen sichtbar ist, dass sich unter der Oberfläche aber die Potentiale verbergen. Entweder in Form meines Umgangs mit meinen Geheimnissen, oder der Arbeit mit meinem Feedback-Geber, der meinen Blindspot erhellt. Oder sogar bis hinunter in die tiefsten Tiefen meiner Persönlichkeit also die Arbeit an meinen versteckten Glaubenssätzen, Botschaften, meinen tiefen Grundbedürfnissen. Diejenigen von Euch, die sich noch an Tag 2 von 24 Tage 24 Minuten erinnern können, als ich darüber gesprochen habe, wo meine inneren Talente und Triebfedern wirklich herkommen, werden sich das an Eisberg-Bild erinnern. In der Kombination mit dem Johari-Fenster eröffnen sich auf einmal neue Sichtweisen und damit neue Möglichkeiten, an der eigenen Talent-Entwicklung zu arbeiten.
Noch tollere Möglichkeiten tun sich auf, wenn wir unsere Talente aktiv analysieren und somit wirklich in unseren Eisberg eintauchen. Hier bietet sich perfekt die Talent- und Motivationsanalyse (TMA) an, die oft am Anfang eines Coaching-Prozesses steht. Mithilfe eines Online-Fragebogens werden Talente analysiert und in den entsprechenden Auswertungen großartig aufbereitet und strukturiert. Viele Auswertungsmöglichkeiten geben uns Einblicke in alle Schattierungen unserer Persönlichkeit. Ein 360-Grad-Feedback, das wir selbst auslösen können, hilft uns dabei, unseren Top-Quadranten der Persönlichkeitsentwicklung („Blindspot“) zu analysieren und von außen Feedback zu unserem Verhalten zu bekommen.
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