top of page

24 Tage. 24 Minuten. Toolbox für eine VUCA-Welt

Seit vielen Jahren ist der Begriff einer VUCA-Welt eine gängige Beschreibung unseres veränderungseifrigen Umfeldes. Am ersten Tag von 24 Tagen 24 Minuten haben wir mit der VUCA-Welt den Kontext von Persönlicher Entwicklung, Kommunikation, Leadership und Mentaler Stärke hergestellt.


Hier möchte ich Euch - den Gästen von 24 Tagen 24 Minuten - eine kurze Zusammenfassung geben, aber auch alle anderen Leser mit dem VUCA-Begriff vertraut machen, die 24 Tage sozusagen begleiten wird. Dazu stelle ich eine besondere Art des Umgangs mit VUCA vor: VUCA 2. Hier ersetzen wir die hinter den Abkürzungen stehenden Begriffen durch eine Art Lösungskonzept.



Was bedeutet VUCA? VUCA ist ein Begriff aus dem kalten Krieg und beschrieb damals im militärischen Kontext vor allem schwierige, herausfordernde Umfelder (insbesondere das Verhältnis der großen Machtblöcke und Militärmächte zueinander).


Heute hat VUCA Einzug ins Business gehalten. Der Begriff beschreibt ein stark disruptives Umfeld (disruptiv hier = massiv in Veränderung und Umwälzung, Change). Dabei bedeuten die vier Buchstaben:


V olatility

U ncertainty

C omplexity

A mbiguity


Besonders in Change-Prozessen, bei Mergers, in Krisensituationen und bei anderen grossen Herausforderungen sind diese vier Begriffe heute ständige Begleiter.


Volatility:


Wir leben in einem extrem veränderlichen Umfeld. Regeln von gestern gelten heute oft schon nicht mehr. Dinge, Zustände, Organisationen, ganze Nationen und Staatengebilde, die vor wenigen Jahren unumstösslich schienen, sind heute Geschichte. Besonders Unternehmen spüren diese Veränderungen und diese unvorstellbare Dynamik. Sie verhält sich in manchen Bereichen exponentiell. Nur leider können wir Menschen nicht in Exponentialfunktionen denken. Wir denken linear und können daher weder diese Dynamik noch die entstehenden Konsequenzen abschätzen.


Ein Beispiel, eine Frage: Wie weit ist die Erde von der Sonne entfernt? Genau. 150 Millionen Kilometer. Ihr Beitrag: bitte falten Sie ein Blatt Papier einmal in der Mitte. Nun nochmal, und nochmal. Wie oft schaffen Sie das? Nicht oft. Vielleicht vier, fünf Mal. Ab in die Theorie: wie oft müssten Sie wohl dieses Blatt Papier falten, dass es - sofern Sie das beliebig oft könnten und beliebig viel Papier zur Verfügung stünde - als Stapel von hier bis zur Sonne reicht? Die Antwort kommt am Schluss ;-) *


Diese massiven Veränderungen lösen...Unsicherheit aus.


Uncertainty


Menschen werden unsicher, wenn sich ihr Umfeld unkontrollierbar verändert. Besonders, wenn das Gefühl dabei entsteht, nicht oder nur eingeschränkt selbstwirksam zu sein. Also mit der Kraft des eigenen Handelns Veränderungen herbeiführen zu können. Oder sie eben zu verhindern.

Diese Unsicherheit kann zu massiven gesellschaftlichen Verwerfungen führen. Auch in Firmen und Organisationen ist Unsicherheit neben Konflikten der Produktivitätskiller Nummer eins. Menschen, die keine klare Linie erkennen, keine Ziele sehen können, identifizieren sich nicht mehr mit ihrem Unternehmen. Wenn das WARUM in unserem Handeln fehlt, machen wir bestenfalls Dienst nach Vorschrift. Im schlechtesten Fall arbeiten wir dabei gegen die Organisation.


Um diese Unsicherheit aufzulösen gibt es zwei Kernbotschaften: kommunizieren Sie regelmässig, gezielt und sinnvoll. Gerade remote. Im Homeoffice entsteht viel Unsicherheit. Fern von Kollegen und persönlicher Kommunikation. Diese gilt es, durch Zuhören, Verständnis und typgerechte Ansprache aufzulösen. Nutzen Sie dabei Typologien. Ein Empathiker benötigt eine andere Ansprache als ein Logiker, ein Beharrer, ein Macher, ein Rebell oder ein Träumer.


Complexity


Erst durch die Möglichkeiten mobiler Kommunikation können wir die Komplexität um uns herum wirklich erkennen. Wir können sie aber nicht notwendigerweise bewältigen. Im Gegenteil. Je mehr wir wissen, umso mehr wissen wir, dass wir nichts wissen. Diese Erkenntnis bringt uns aber nicht unbedingt mehr Sicherheit. Im Gegenteil. Sie führt dazu, dass wir oft nach einfachen Lösungen gieren. Weil diese unser einfaches Gehirn-System (unser System 1 nach Daniel Kahnemann) ansprechen und weniger Energie brauchen, als unser komplex denkendes System 2. Daher geben uns einfache Lösungen vermeintliche Sicherheit. Und führen dazu, dass wir uns nur unzureichend weiterentwickeln. Die beiden Sozialpsychologen David Dunning und Justin Kruger von der Cornell University (David Dunning ist übrigens ein Freund von John Cleese ;-)) haben diesen Effekt in diversen Experimenten erforscht und beschrieben. Die Quintessenz: es gibt Menschen, die sind so dumm, dass sie gar nicht merken, wie dumm sie sind. Leider benötigen sie aber zur Weiterentwicklung ihrer Kompetenzen dieselben Mechanismen, die sie benötigen würden, um zu erkennen, wie dumm sie eigentlich sind. Ein fataler Kreislauf der auf dieser Welt ziemlich verbreitet zu sein scheint.


Komplexität können wir durch Wissen, Bildung, Kooperation und Co-Creation greifbar machen, verstehen und in ihrer Dynamik sogar nutzen.


Ambiguity


Im deutschen Sprachgebrauch ist dieser Begriff nicht wirklich geläufig. Von Ambiguität sprechen wir, wenn Dinge, Zeichen, sogar Ereignisse mehrere Bedeutungen haben. Dadurch entstehen Unklarheiten, Missverständnisse, Fehldeutungen. Das passiert alleine schon durch suboptimale Kommunikation - wir nennen es Misskommunikation. Wenn nun noch unser Umfeld, ein politisches System, bestimmte Maßnahmen als widersprüchlich wahrgenommen werden, kann diese soziale Ambiguität Effekte von Widerstand, Resignation oder Rebellion auslösen.


Der Ambiguität kann durch gute Kommunikation entgegengewirkt werden. Auf politischer Ebene übrigens genauso wie in der Familie oder im Kollegenkreis.


Und nun zum quasi contra-VUCA (2). Ersetzen wir die VUCA-Begriffe durch Vision, Understanding, Communication und Agility, haben wir sowas wie ein Rezept zur Lösung der VUCA-Challenge.


Vision


Zur persönlichen Entwicklung genauso wie zur Entwicklung von Unternehmen und Teams gehört eine Vision. Diese Vision ist eng mit dem WARUM von Mensch und Organisation verbunden. Simon Sinek hat in seinem Golden Circle diesen Reason WHY als innersten dreier konzentrischer Kreise beschrieben. Wobei der äusserste die Frage nach dem WAS beantworten soll (also was macht eigentlich eine Organisation genau) der nächste das WIE präzisiert (also wie genau im Sinne von Abläufen, Prozessen, Strukturen und Strategien macht sie das) und der innerste Kreis, der in alle anderen hineinwirkt (inklusive der Umwelt ausserhalb der Kreise) und dem WIE und WAS einen generellen Sinn gibt. Und ohne diese Vision bringen wir viele PS nicht auf die Strasse. Viele Organisationen funktionieren trotzdem. Sie haben aber noch nicht ausprobiert, wie viel besser sie vielleicht funktionieren könnten, wenn dieser klare Reason WHY existieren würde. Und aufgeschrieben wäre. Und kommuniziert würde. Der Konjunktiv der Realität.


Understanding


Zum einen bedeutet Verstehen in diesem Zusammenhang sich selbst und seine persönlichen Bedürfnisse, Potentiale, Stärken aber auch Schwächen zu kennen und souverän mit diesen Erkenntnissen umzugehen. Es bedeutet aber auch, die Umwelt, globale Zusammenhänge, Wirkungsmechanismen zu verstehen. Dietrich Dörner hat schon vor vielen Jahren in seinem Buch „Die Logik des Misslingens“ sehr ernüchternd das Unvermögen von uns Menschen beschrieben, solche sogenannten Neben- und Fernwirkungen überhaupt erkennen zu können.


Verstehen bedeutet neben sich selbst und der Umwelt auch andere Menschen zu verstehen. Das heisst nicht notwendigerweise, sich mit ihnen zu identifizieren. Oft sogar im Gegenteil. Die mächtigsten Verhandlungsinstrumente in Krisen und Konfliktsituationen wie Geiselnahmen, Terror, militärischen Interventionen bauen auf dem Mechanismus des Verstehens, der taktischen Empathie auf. Chris Voss (den ich an dieser Stelle sehr empfehlen möchte) hat in seinem Buch „Never Split the Difference“ Mindset und Techniken hinter der taktischen Empathie für Verhandlungen im Grenzbereich beschrieben. Jeder Mediator kennt diese Techniken, jeder Manager, jeder Managerin, VerkäuferIn, EinkäuferIn, Vater, Mutter.... sollte diese Prinzipen ebenfalls kennen - und anwenden. Eine Firma oder eine Familie ist natürlich keine Geiselnahme. Im aktuellen Lockdown kommen wir aber ab und an schon nahe an dieser Vorstellung heran.


„First seek to understand, than seek to be understood!“ (Steven Covey)

Communication


Um komplexe und dynamische Umfelder zu managen, ist regelmässige, gezielte und typgerechte Kommunikation der Schlüssel zum Erfolg. Kommunikation ist immer ein Prozess. Er lebt von Sendern und Empfängern und will gekonnt eingesetzt sein. Kommunikation ist nicht nur „Miteinander Reden“. Es ist viel mehr. Und das schauen wir uns noch im Detail an in der zweiten Woche von 24 Tagen 24 Minuten an.


Agility


Der letzte Begriff von VUCA, das A, umschreibt einen Change-Mindset. Agilität wird in diesem Fall mit Beweglichkeit und Flexibilität beschrieben. Um schnell veränderliche Rahmenbedingungen erfassen zu können, ist eine sehr bewegliche Grundeinstellung erforderlich. Wenn wir starr an alten Erfolgen festhalten, geraten sie schnell zu Hindernissen für die zukünftigen Entwicklung. Agilitäts-Killer sind Aussagen wie: „Das haben wir immer schon so gemacht…!“ oder „Never change a running system!“. In Zeiten, in denen der Wandel exponentiell vonstatten geht, können wir uns diese gemütliche Komfortzone nicht mehr leisten.


Jack Welch: „Wenn die Geschwindigkeit der äußeren Veränderung grösser ist als die der inneren, ist das Ende in Sicht!“



* Übrigens: es sind 50 Mal! Und Sie sind in bester Gesellschaft. Die wenigsten Menschen schätzen das richtig ein. Denn 150 Millionen km sind weit, der Effekt der permanenten Verdopplung aber gewaltig. Wir können nicht in Exponentialfunktionen denken. Auch das berühmte Experiment des Weizenkorns auf dem Schachbrett (es war in Wirklichkeit kein Reiskorn ;-)) zeigt uns diese unvorstellbare Dynamik. Und denken Sie daran, wenn Sie den nächsten Veränderungsprozess gestalten dürfen: diese Dynamik können wir bedingt manage aber sicher niemals beherrschen.



Links zu Buchempfehlungen:


• Daniel Kahnemann: Schnelles Denken, Langsames Denken

• Steven Pinker: Aufklärung jetzt

• Friedrich Dörner: Die Logik des Misslingens

• Chris Voss: Never Split the Difference

• Simon Sinek: Start with WHY




bottom of page